Charakteristika des Louis-Philippe-Stils
Das Besondere am Louis-Philippe-Stil ist, dass er hauptsächlich im Kunsthandwerk, der Herstellung von hochwertigen Möbeln und deren Gestaltung anzutreffen war. Die technischen und industriellen Errungenschaften, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Möbelbau revolutionieren, machen möglich, dass der höfisch wirkende Stil auch für das Bürgertum erschwinglich wird. Aber auch die Oberschicht schätzt dieses dem Rokoko entliehene Möbeldesign. Charakteristisch für den Louis-Philippe-Stil sind die Rundungen und Schweifungen an allen Möbelstücken. Nichts wird durch harte Kanten unterbrochen; alles verläuft in Bögen und stark verzierten Ovalformen.
Muscheln und Voluten
Neben Muscheln fanden sich Voluten häufig an Beinen von Stühlen oder an Kanten von Möbelstücken. Voluten sind Bauelemente, die ursprünglich aus der Architektur stammen und in Deutschland unter der Bezeichnung Schnörkel oder Rollwerk bekannt sind. Verwendung finden sie an Giebeln oder Kapitellen; während des Louis-Philippe-Stils wurden sie vermehrt bei der Herstellung von Möbeln als Zierelemente verbaut.
Louise-Philippe-Möbel: Repräsentativ & funktional
Die Formensprache des Louis-Philippe-Stils spiegelte sich vornehmlich in den Möbeln wieder. Stühle und Tische sowie deren Beine waren durch gebogene Linien charakterisiert, welche zudem mit botanisch wirkenden Elementen verziert waren. Gerade Flächen wurden durch die Verwendung und Anbringung von aufwendigen Zierelementen zu regelrechten Schaubildern, auf denen sich eine verspielte Eleganz präsentierte. Die Möbel erschienen einerseits sehr repräsentativ, schienen aber auf der anderen Seite stabil genug, um ihren eigentlichen Funktionen nachkommen zu können.
Ausgangspunkt: Frankreich
Ausgehend von Frankreich breitete sich dieser Stil sehr rasch in Europa aus und fand besonders in Wien viele Anhänger. Ein Beweis hierfür ist die Neugestaltung des berühmten Palais Liechtenstein, welches heute ein Forum für zeitgenössische Kunst ist. Das Schloss Linderhof in Bayern ist ein weiteres Beispiel für ein im Sinne des Louis-Philippe-Stils gestaltetes Gebäude.
Abgrenzung von Wuchtigkeit des Barock
Die verspielten Formen des Louis-Philippe oder auch Neorokoko grenzten sich klar von den wuchtigen Formen des Barock ab und wirkten im Vergleich zu barocken Möbeln reduziert. Die Vorbilder dieses Stils sind in den Möbeln des Troubaduor-Stil, der Renaissance und ganz besonders im Stil des Rokoko zu suchen, welcher auch als Pate für die alternativen Bezeichnungen Neorokoko oder Zweites Rokoko gilt.
Höfisches Flair in bürgerlichen Wohnräumen
Es verwundert nicht, dass der Louis-Philippe auch dem Bürgertum gefiel und wegen der geringeren Anschaffungskosten Einzug in die Wohnräume des Bürgertums hielt. Das dies möglich war, lag daran, dass diese Möbel nicht mehr ausschließlich in Handarbeit – wie es bei den teuren Rokokomöbeln der Fall war –, sondern mit Hilfe von ökonomischen Werkzeugen schneller und somit auch kostengünstiger hergestellt werden konnten. Die Louis-Philippe-Möbel zeichnen sich durch ihre endlose Kurvigkeit aus, die durch keine Kante gestört wurde und zudem fügten sich dabei die vielfältigen Rahmenschnitzungen, die Zierknäufe und die vielen Ovalformen harmonisch in das Gesamtkunstwerk des Louis-Philippe-Möbels ein, ohne dass das Möbelstück dabei überladen wirkte. Diese von dem Bürgertum gern angenommene Formensprache und der Fakt, dass diese Möbel bezahlbar waren, ließen diesen Stil, welcher in seinem Ursprung ein grundlegend adliger Natur war, „verbürgerlichen“ und eröffnete somit dem Bürgertum die Möglichkeit sich ein „höfisches Flair“ in die eigenen Wohnräumen zu holen.